Pico Austria & Huayna Potosí

Kreative Anreise
Zeitig in der Früh, noch im Dunkeln, verließen wir den Campplatz und fuhren in Richtung La Paz. Wir arbeiteten uns von 3.200 hm nach oben bis El Alto auf 4.200 hm.
In El Alto wurde der Verkehr stärker, es wurde langsam hell und es ging nur mehr langsam weiter. Die Auffahrt, die uns das Navi anzeigte, war gesperrt. In solchen Fällen wird es spannend: Claudia versucht möglichst schnell eine passende Route zu finden und Gottfried & Baghira werden kreativ, da das Wenden im bolivianischen Verkehr oft nicht so einfach ist. Man muss sich manchmal schon "hineinpressen" damit man dorthin kommt, wo man hin will. ;-)
Die Hindernisse auf der Straße sind vielfältig: Auf der ersten Spur befinden sich Marktstände, davor weitere kleine Stände und davor halten die Minibusse. Von der vierspurigen Straße bleibt dann gerade noch ein Fahrstreifen frei.
Nachdem auch diese Stellen überwunden waren, ging es weiter in Richtung Nordwest. Rechts von uns hatten wir immer den Huayna Potosí im Blick - ein wunderschöner Berg!
Nachdem wir die Abzweigung zum Huayna Potosí passiert hatten, kam auch die zum Pico Austria. Wir fuhren in Richtung Nordost in das Condorirital und auf 4.486 m Höhe war dann Schluss mit Fahren. Auf einem großen Parkplatz stellten wir Baghira ab und machten uns fertig zum Wandern.
Niederösterreicher-Treffen am Pico Austria
Am Parkplatz stand ein Overlander mit niederösterreichischer Nummerntafel. Die Besitzer waren seit knapp einem Jahr in Südamerika unterwegs. Am Berg der Österreicher - benannt nach den Erstbesteigern - trifft man sich halt.
Aufstieg mit Trainingseffekt
Nach einem kurzen Plausch marschierten wir los. Zwischen weidenden Lamas wanderten wir zur Lagune Chiar Khota. Hier wurde es steil und bis zum Gipfel ging es knackig bergauf.
Zu Trainingszwecken hatten wir mehr Gewand eingepackt und den Pickel dabei, obwohl er für diesen Aufstieg nicht nötig war. Das zusätzliche Gewicht merkten wir in der Höhe schön langsam. Es waren viele Leute unterwegs, da der Berg gerne als Akklimatisierungstour für die Großen genutzt wird.
Nach gut 4 Stunden hatten wir die 860 hm zurückgelegt und standen am Gipfel des 5.327 m hohen Pico Austria. Es war ganz schön anstrengend, speziell da wir ja in letzter Zeit wenig Bergtouren gemacht hatten.
Gipfelglück bei Sonnenschein
Am Gipfel hatten wir wenig Wind. So konnten wir auch Zazu ein wenig durch die Lüfte gleiten lassen und ein paar schöne Luftaufnahmen machen.
Nach einer ausgiebigen Gipfelrast ging es wieder ins Tal. Mit den letzten Sonnenstrahlen konnten wir noch ein Getränk vor dem Auto genießen. Nachdem die Sonne untergegangen war, wurde es gleich frisch und wir zogen uns in unser Kab zurück.
Ruhige Nacht auf 4.400 hm
Da wir uns entschieden hatten, nach dem Pico Austria auch noch einen "Größeren" zu probieren, übernachteten wir am Parkplatz - gut für die Höhenanpassung. Es gab noch schnell was zu essen und dann verkrochen wir uns in die Schlafsäcke.
Am nächsten Tag hatten wir um die Null Grad im Kab und die Scheiben waren vereist. Nachdem uns die Sonne erreichte, wurde es schnell wärmer. Wir saßen noch ein wenig in der Sonne, trockneten unsere Sachen und es ging zurück nach La Paz zum Campingplatz.
Fahrt durch die Märkte von La Paz
Wir fuhren eine andere Streckt zurück, die uns durch La Paz führte. Es war ein "Wahnsinn"! Das Navi führte uns durch Marktstraßen, in denen es von Autos und Fußgängern wimmelte, im Kreisverkehr kamen uns Autos entgegen, Minibusse hielten unmotiviert mitten auf der Straße – extremly!
Nach ein paar "leichten Agressionsausbrüchen" erreichten wir unseren Campingplatz - ohne Schaden genommen zu haben. ;-)
Einmal geht's noch
Der Huayna Potosí wird als ein "leichter 6000er" beworben. Wobei aus unserer Sicht in dieser Höhe kein Berg mehr tatsächlich leicht ist.
Da wir gut akklimatisiert waren und unser gesamtes Hochtouren-Equipment mit dabei hatten, beschlossen wir, nochmal einen 6.000er zu wagen.
Der Vorteil des Huayna Potosí ist, dass die Wege nicht sehr weit sind, es keine technischen Schwierigkeiten gibt (wobei wir das eher schade finden ;-) und man sowohl im Base Camp als auch im High Camp in Hütten übernachtet. Da wir nicht besonders gut trainiert waren, sollte das mit unserer Erfahrung schon klappen.
Mit Jiwaki auf Tour
Wir buchten also eine Tour bei Jiwaki, einem der "Platzhirschen" in La Paz, und merkten schnell, dass der "leichte 6.000er" auch Personen anlockt, die noch nie auf Schnee und Eis unterwegs waren.
Treffpunkt 8:30 im Office von Jiwaki. Hier wurden alle Bergsteiger eingekleidet mit Fleece, dicken Jacken, Hosen und Fäustlingen. Wir hatten unser Equipment ja bereits in der Duffelbag und sahen dem Treiben zu.
Danach ging es im Minibus zum Techniklager, wo Schalenschuhe, Steigeisen und Pickel verteilt wurden und weiter zum Base Camp auf 4.800 hm.
Wir hatten uns für die 3tägige Tour entschieden und durften erstmal gemütlich Mittagessen. Das Essen auf der gesamten Tour war sehr gut und ausgiebig und wir hatten Glück, in einer kleinen Gruppe gelandet zu sein.
Trainingstag am Gletscher
Gemeinsam mit einer Brasilianerin, einem Bolivianer und einem Franzosen ging es nach dem Mittagessen zum Training am alten Gletscher. Hochmotiviert folgte uns auch einer der Haus- und Hofhunde des Base Camps - und so hatten wir wieder mal einen Follower gewonnen. ;-)
Patrick, unser Bergführer, zeigte das Gehen am Eis in flachem, mittelsteilen und steilen Gelände vor und es wurde geübt. Unsere drei Bergsteigerkolleg:innen standen auch tatsächlich alle das erste Mal auf Steigeisen.
Danach ging es noch zu einer Steilwand, an der wir uns im Eisklettern beweisen konnten. Für den Aufstieg auf den Huayna Potosí völlig unnötig, scheinbar einfach "for fun", hängte Patrick ein Seil in eine überhängende Eiswand. Für uns war das auch tatsächlich spannend und lustig - aber wir achteten darauf, nicht zu übertreiben, denn schließlich brauchten wir unsere Kräfte ja noch für die nächsten Tage.
Hüttenruhe
Zurück auf der Hütte gab es eine Jause. Wir plauderten in einem Gemisch aus Englisch und Spanisch, dann zogen wir uns zurück, um etwas zu rasten. Nach dem Abendessen verzogen wir uns schnell in die Schlafsäcke und konnten auf dieser Höhe gut schlafen.
Die Hütten sind sehr einfach gebaut und es gibt keine Heizung oder Ofen. Dennoch halten die Ziegel die Wärme des Tages ganz gut, sodass es trotz nächtlicher Minusgrade im Freien in der Hütte im Schlafbereich um die 10 Grad hatte - sehr angenehm!
Frühstücksüberraschung
Tag 2 begann relaxed. Frühstück mit geschnittenem Obst, frisch gepresstem Orangensaft, Cerealien, Joghurt und sogar Pancakes mit Dulce de leche - einfach genial! Danach packten wir die Rucksäcke für den Aufstieg zum High Camp.
Da wir unseren Trainingszustand ja kannten, leisteten wir uns einen porter, einen Träger, der uns einiges an Gewicht abnahm. Es waren zwar nur 500 Höhenmeter zur nächsten Hütte, aber in dieser Höhenlage ist das auch eine Menge. So stiegen wir mit angenehmen ca. 8 kg in unseren Rucksäcken auf.
Dreisprachig am High Camp
Es ging zügig und vorwiegend steil nach oben. Der Weg war großteils in schönen Steintreppen angelegt, und die letzten Höhenmeter ging es vorbei an anderen Berghütten über Felsen und Eis zum Jiwaki High Camp auf 5.300 hm. Die Hütte ist einfach und zweckmäßig angelegt und da wir eine kleine Gruppe waren, konnten wir uns im Schlaflager ausbreiten.
Wir saßen gerade bei Tee und Keksen, als noch ein weiteres Bergsteigerpaar ankam. Sie hatten die zweitägige Tour gebucht und gesellten sich nun zu uns. Wie sich herausstellte, waren die beiden aus Salzburg und so wurde die Plauderei dreisprachig. :-)
Aufstieg mit Follower
Abendessen - Briefing - Rucksäcke packen für den Gipfeltag und früh ins Bett. Gottfried schlief diesmal sogar ziemlich gut - Claudia lag leider an der Außenwand und brauchte eine Weile, bis sie die passende Kombination aus Kleidung im Schlafsack und Pölster an der Wand als Kälteschutz gefunden hatte. Aber immerhin fiel sie immer wieder in leichten Schlaf und war ausgeruht, als um 0:45 der Wecker läutete. Nach Tee und Keksen zum Frühstück ging es um 1:45 los. Schnell waren wir beim Gletscher und zogen die Steigeisen an.
In Dreiergruppen zogen wir los - immer ein Bergführer mit zwei Personen. Die Spur führte über mäßig steiles bis sehr steiles Gelände bergauf. Wir schlugen unser gewohnt langsames Tempo an, dem sich Patrick, unser Guide, perfekt anpasste. Alle 100 hm gab es eine kurze Pause. Plötzlich sahen wir, dass unser Follower wieder da war! Der Hund aus dem Base Camp war hier oben und lief freudig wedelnd entlang der Seilschaften auf und ab - gut akklimatisiert!
Als wir höher kamen, sahen wir die Lichter von La Paz. Der Ausblick war traumhaft schön - der Aufstieg lange und anstrengend.
Sonnenaufgang mit Gipfelhang
Langsam wurde es hell - die Morgendämmerung bringt üblicherweise neue Kräfte mit sich. Der Schlussanstieg war ziemlich heftig und so baten wir Patrick immer wieder mal Fotopausen einzulegen, damit wir den Sonnenaufgang am letzten steilen Hang ansehen und fotografieren konnten. Patrick begann schneller zu werden - wie gewohnt bremsten wir ihn, damit wir auch auf den letzten Metern noch atmen konnten. ;-)
Und dann waren wir am Grat und gingen die letzten Schritte zum Gipfel. Und wer war schon da? Der Hund aus dem Base Camp! Er lag gemütlich am Gipfelgrat und beobachtete die Bergsteiger, die ankamen. :-)
Und wieder mal hatten wir es mit mentaler Kraft geschafft – 6.088 hm - einfach schön! Siempre de mil colores, wie manche Südamerikaner sagen. :-)
Sonniger Abstieg
Zu Atem kommen - die Aussicht genießen - Gipfelfotos machen - und dann mussten wir auch schon wieder hinunter. Der Weg ist ja am Gipfel nicht zu Ende, der Abstieg ist auch noch fordernd für die Konzentration und Kraft. Auch wurde es sehr warm - trotz der Höhenlage hat die Sonne eine extreme Kraft.
Bei der Hütte angekommen waren wir alle hecho polvo - völlig fertig. Der Weg hatte uns alle sehr gefordert. Es gab eine Suppe zur Stärkung und nach einer kurzen Rast ging es weiter nach unten. Spannenderweise ging es dann doch sehr gut und glücklich kamen wir beim Base Camp an.
Summiteers Gedanken am Berg
Warum es uns immer wieder auf diese Berge zieht? Ehrlich? Keine Ahnung! Kalt - anstrengend - aber dennoch ziehen sie uns magisch an.
Es ist die Kraft der Natur, die uns magisch anzieht.
Jedoch haben wir erkannt: die nächsten Berge werden in niedrigeren Höhenlagen liegen - was nicht heißt, dass es einfacher wird. ;-)